19. Oktober 2001
Vor langer, langer Zeit, bevor er als Entwurfsillustrator an den Episoden I und II arbeitete, entdeckte Iain McCaig zum ersten Mal die Aufmerksamkeit erregende Macht der Kunst.
"Mein Kindergarten-Betreuer gab uns eine Aufgabe - teilt ein Stück Papier in drei Teile und malt eure Mutter, euer Haus und euer Haustier.", sagt McCaig in Erinnerungen schwelgend. "Also malte ich, wie alle anderen, mit dem Geodreieck ein Strichmännchen für meine Mutter, einen Kasten, von dem Rauch aufstieg, für mein Haus, aber ich hatte kein Haustier, also malte ich diesen Brontosaurus, den ich geübt hatte, seit ich 4 war, und den ich perfekt photorealistisch zeichnen konnte.", fährt McCaig lächelnd fort. "Ich weiß noch, wie es im Raum wirklich still wurde."
McCaig hörte nie auf, zu üben und zu lernen, alle Arten von verschiedenen Dinge zu zeichnen ("Frankensteins Monster, Sean Connery, Otter.. es war eine sehr exzentrische Liste", erinnert er sich) bis er zu einem visuellen Wörterbuch geworden war. Viele Jahre später, schrieb er sich in die Kunstschule ein und fing an, eine Karriere im visuellen Geschichtenerzählen anzustreben.
Die Sehnsucht, für das Kino zu zeichnen, war schon lange in McCaigs Blut gewesen, und reichte bis in seine Kindheit zurück, als seine Dinosaurier Stars in Malbüchern waren. McCaig arbeitete mit Korty Films sogar an kurzen Zeichentrickfilmen für die "Sesamstraße". Dort stellte er auch seinen Beitrag für eine Demonstration für den Lucasfilm-Film "Twice upon the time" her. Aber als Korty Films ihn bat, als Trickfilm-Zeichner zu bleiben, lehnte McCaig ab. "Es war die Wahl zwischen zwei Filmminuten und 2000 Buchhüllen.", sagt er. "Ich wollte meine Stimme als Künstler erproben und entschied mich deshalb, nach Großbritannien zurückzugehen und für eine Karriere als Illustrator."
Zehn Jahre später war McCaig 1990 Künstler-Ehrengast bei einer Science-Fiction-Convention, als Vertreter von Lucasfilm sein Fantasy-Kollektion sahen und ihn einluden, in die Welt des Films zurückzukehren. Dieses Mal sagte McCaig ja. Er arbeitete bei Industrial Light & Magic schon bald an solch angesehenen Projekten wie Terminator 2: Tag der Abrechnung und Hook.
"Es war bei ILM, wo ich zum ersten Mal auf Doug Chiang traf.", sagt McCaig. "In der Filmindustrie dreht es sich sehr um funktionierende Beziehungen und gute Zusammenarbeit und Doug und ich scheinen wirklich sehr gut zusammenzuarbeiten." Als Episode I in die Vor-Produktionsphase eintrat, hatte McCaig ILM schon verlassen, um an seinen eigenen Filmprojekten zu arbeiten, aber Chiang, der neue Design Director, rekrutierte ihn als einen der ersten Künstler, die an Bord gingen.
Am Anfang der Entwurfsphase von Die dunkle Bedrohung, beaufsichtigte Chiang das Entwurfsteam und etablierte das Aussehen und Gefühl der Technologie und Schauplätze der Prequel-ära. Der Künstler Terryl Whitlatch konzentrierte sich auf Kreaturen und Tiere und McCaig arbeitete an Leuten und Kleidung. "Um ehrlich zu sein, die zeichne ich am liebsten.", sagt McCaig. "Was ich liebe, und was mich am meisten fasziniert sind Menschen. Meine ganze Karriere als Fantasy-Künstler war nur eine Entschuldigung, um Leute zu zeichnen. Aber ich fand heraus, dass sie sich besser verkauften, wenn ich Flügel und Hörner an ihnen befestigte."
McCaigs Illustrationen wurden später von Kostümdesignerin Trisha Biggar in wirkliche Gewänder verwandelt, die von den Schauspielern getragen wurden. Nach Episode I, konzentrierte McCaig sich wieder auf seine eigenen Filmprojekte, wurde aber für Episode II in das Art Department zurückgerufen. An der Entwicklung der Episode II Kostüme arbeitete McCaig zusammen mit Biggar, die im kreativen Prozess dieses Mal eine größere Rolle spielte.
"Es war eine große Hilfe, Trish früher an Bord zu haben.", sagt McCaig. "Sie ersparte uns Monate der Arbeit. Bei Episode I habe ich Dinge gezeichnet, ohne zu wissen, ob sie wirklich herstellbar sein würden. Und obwohl Trisha - gesegnet sei ihr Herz - immer sagte 'Nicht verzweifeln, wir finden einen Weg, das zu bauen', weiß ich, dass es jede Menge Neu-Entwürfe gab, die vorgenommen werden mussten, um die Dinge zum funktionieren zu bringen. Dieses Mal konnte ich eine sehr schnelle Kritzelei machen und sie an Trish weitergeben, um zu sehen, ob wir uns im gleichen Reich der Realität befanden. Sie sagte einfach ja oder nein, und schlug Alternativen vor."
Ein weiterer Helfer von McCaig war Entwurfsillustrator Dermot Power, der ein Neuzugang im Star Wars Art Department war. "Wir warfen uns gegenseitig ständig Zeichnungen zu.", sagt McCaig. "Das ist eine der Sachen, die ich am Film liebe: die Trennlinien, die definieren, wer etwas wirklich gemacht hat, verschwimmen manchmal so vollständig, dass man die Einzelteile nicht mehr auseinanderfinden kann."
Diese enge Zusammenarbeit entwickelte sich zu einem natürlichen Arbeitsrhythmus. "Wir arbeiteten in einer so vollständigen und absoluten übereinstimmung.", sagt McCaig. "Einmal zeichnete ich ein Kostüm für Padmé und setzte diesen Alien-Falken in ihre linke Hand. Ich war gerade fertig, als Dermot von der anderen Seite des Raums, von der Rückseite einer großen Tafel, die ihn völlig verdeckte, rief 'Iain, ich habe eine tolle Idee. Warum lassen wir Padmé nicht eine Art Falken tragen?'. So etwas passierte Dermot und mir ständig."
Die größte Herausforderung für McCaig war es, zu bereit existierenden Charakteren zurückzukehren und ihre Weiterentwicklung zu sehen.
"Man wird sehr väterlich mit den Charakteren.", gibt er zu. "Ich wollte sehen, was mit Padmé und Anakin geschehen war; seit dem ersten Film mag ich sie sehr, sehr gerne. Und hier sind sie, und werden erwachsen." In Episode I war Königin Amidala eine vierzehnjährige, in lästige Amtsroben und die Trachten eines Führers von Naboo eingewickelte, Monarchin. In Episode II haben sich die Dinge verändert. Nicht nur Padmés Verantwortungsbereich hat sich geändert, sie hat sich auch in eine schöne, vierundzwanzigjährige Frau verwandelt.
In diesem Film gibt es eine ganz andere Empfindsamkeit, die sich in Padmés Kleidern widerspiegelt." erklärt McCaig. "Die Kinder sind nun ohne Zweifel älter und es ist eine Liebesgeschichte. Es gibt ein verfüherisch erotisches Element in diesem Film. Er ist viel romantischer. Deshalb mussten die Kostüme, die wir uns betrachteten Natalie Portman nicht mehr verstecken. Eigentlich drehte sich alles mehr darum, wieviel wir enthüllen sollten! Das Ergebnis ist ein völlig neuer Beigeschmack in diesem Film."
Die Herausforderung war es, mehr zu zeigen, aber gleichzeitig die Empfindlichkeiten der Star Wars Filme aufrechtzuerhalten. "Es gibt romantische Genres in der Kunst, die gleichzeitig verführerisch und unschuldig sind.", erklärt McCaig. "Die Art Nouveau hatte dieses Aussehen. Alphonse Mucha konnte viel Haut zeigen, aber es war immer 'Kunst'. Also fingen wir an, diese Herangehensweise zu untersuchen und uns verschiedene Kostümepochen anzusehen, wie die Jahre nach 1910, die 20er und 30er, als Kleidungsstücke manchmal ziemlich skandalös waren, aber irgendwie auch sehr zurückhaltend. Es war eine Zeit, als Frauen ihre Korsetts abstreiften und gerade anfingen, sich zu enthüllen. Das ist genau das Szenario, nach dem wir suchten."
Obwohl McCaig weiter als Illustrator und Geschichtenerzähler an seinen eigenen Projekten arbeitet, wird er immer eine gewisse Anhänglichkeit an die Charaktere der neuen Star Wars Trilogie bewahren. "Ich würde sehr gerne zurückkommen und an Episode III arbeiten, solange ich nicht irgendwo am Drehort meines eigenen Films bin.", sagt er. "Ich würde in Sekundenschnelle zurückkommen - es ist, wie wenn man nach Hause kommt."